Person und Maschine

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Das ursprüngliche Geschäftsmodell des Maschinenbauers ist das Entwickeln und Vertreiben von hochspezialisierten 3D-Druckmaschinen mit der Technologie selektives Laserschmelzen. Die Drucker tragen Metallpulver schichtweise auf und verschmelzen sie dann durch Laser zu komplexen Bauteilen, die beispielsweise in der Luft- und Raumfahrt genutzt werden. Die Technik bietet vielfältige Anwendungsmöglichkeiten, doch die Maschinen waren bisher nicht immer vollständig ausgelastet. SLM fragte sich: Wie können wir die Auslastung erhöhen? Wie können unsere Kunden Bauteile mit 3D-Druck herstellen, ohne selbst Maschinen anzuschaffen?

Schritt für Schritt zum neuen Geschäftsmodell
Um diese Fragen zu beantworten, schloss sich der Betrieb mit dem IT-Dienstleister Atos Deutschland und Forschungspartnern im Projekt GEMINI (lang: Geschäftsmodelle für Industrie 4.0) des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie zusammen. Die Projektpartner wollten in Workshops gemeinsam einen Ansatz entwerfen, mit dessen Hilfe auch kleine und mittlere Betriebe Geschäftsmodelle entwickeln und umsetzen können. Dafür brachten Partner aus der Forschung die nötigen Methoden, Prozesse und IT-Werkzeuge ein.

Der Ansatz gliedert sich in drei Schritte. Im ersten Schritt dreht sich alles um die Frage: "Welchen Kundennutzen bietet meine Geschäftsidee?". Für die Antwort analysiert man systematisch seine Kunden. Dabei werden die Interessen und Bedürfnisse der Kunden herausgearbeitet und man versucht, ihre Probleme zu erkennen. Denn im digitalen Zeitalter sind nicht mehr länger nur Produkte, sondern Lösungen - bestehend aus Produkten und Dienstleistungen - entscheidend für wirtschaftlichen Erfolg. Im Klartext: Das eigene Leistungsangebot muss die individuellen Probleme des Kunden lösen. Um dieses Ziel zu erreichen, muss manchmal das eigene Angebot überarbeitet werden, indem man zum Beispiel seinen Kunden zusätzliche Dienstleistungen bietet.

Im zweiten Schritt wird das Geschäftsmodell selbst entwickelt. Es beschreibt die grundsätzliche Funktionsweise eines Unternehmens und wie es Gewinne erzielen und die Probleme seiner Kunden lösen kann. SLM griff in dieser Phase auf einen eigens entwickelten Katalog zurück, der über 76 mögliche Geschäftsmodellmuster und deren Praxisnutzen anhand von Beispielen beschreibt, um sich inspirieren zu lassen. In diesem Schritt wird außerdem geprüft, ob Kooperationen mit neuen Partnern notwendig sind, welches Risiko mit den neuen Ideen einhergeht und wie mit dieser Idee Geld verdient werden kann. Der dritte Schritt sieht die Umsetzung des entwickelten Geschäftsmodells in die Praxis vor. Dafür wird die neue Wertschöpfungsstruktur - von Zulieferer über Partner bis zum Kunden einerseits sowie von neuen Aufgaben bis hin zu den Verantwortlichkeiten andererseits - detailliert geplant. Eigens entwickelte digitale Werkzeuge leisten dabei Abhilfe. So lassen sich sämtliche Neuerungen, angefangen von der Zusammenarbeit mit Partnern bis zu neuen Arbeitsabläufen im Betrieb, gut planen.

Aus der Forschung in den Mittelstand
Zurück zu SLM Solutions: Durch das systematische Vorgehen zur Entwicklung des Geschäftsmodells bekam das Unternehmen eine Antwort auf seine zu Beginn der Workshops gestellten Fragen. Es entwickelte mit seinen Partnern das Konzept für eine Online-Ressourcenplattform, über die sich 3D-Fertigungsaufträge individuell vergeben lassen. So kann SLM die Standzeiten reduzieren und zusätzliche Erträge erwirtschaften. Unternehmen wiederum, die die additive Fertigung nutzen möchten, finden rasch 3D-Druck-Dienstleister und müssen keine Maschine anschaffen. Die Plattform wurde als Prototyp erfolgreich umgesetzt. Nach dem erfolgreich bestandenen Praxistest macht Mittelstand-Digital, etwa das Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Dortmund, diesen Ansatz zur Entwicklung neuer digitaler Geschäftsmodelle nun auch anderen kleinen und mittleren Betrieben kostenlos zugänglich.