Schild mit der Aufschrift - Sorry we are closed

© Adobe Stock / maderla

Rasante Veränderungsgeschwindigkeit

Vor rund einem Jahr brachte uns die Corona-Pandemie weitgehende Einschränkungen für das private, öffentliche und wirtschaftliche Leben, wie wir sie bislang nicht gekannt haben. Um trotz dieser Einschränkungen die geschäftlichen Aktivitäten aufrechterhalten zu können, wurden Arbeitsabläufe und Arbeitsorte in bemerkenswerter Veränderungsgeschwindigkeit den Notwendigkeiten angepasst. Praktisch von jetzt auf gleich sind nach einer Erhebung von Fraunhofer IAO bis zu 70 Prozent der Büroarbeitenden im Frühjahr 2020 ins Home Office gewechselt. Flächendeckend wurden neue Fähigkeiten zum Arbeiten in verteilten Teams eingeübt. Die Nutzung von Online-Plattformen zur Durchführung von Arbeitsbesprechungen, Konferenzen bis hin zu ganzen Kongressen wurde ganz pragmatisch mit hoher Fehlertoleranz unternehmensübergreifend gelernt. Der stationäre Einzelhandel und die Gastronomie mussten sich bei geschlossenen Ladenlokalen digitale Absatzwege suchen, um weiterhin wenigstens einen Teil des Umsatzes zu machen und um bei der Kundschaft nicht in Vergessenheit zu geraten. Zahlreiche persönliche Dienstleistungen, wie Beratungen, Schulungen bis hin zu Sportkursen, wurden in Videokonferenzen verlegt.

Welche Prioritäten wurden vom Mittelstand gesetzt?

Um trotz der rasanten Umstellungen arbeitsfähig zu bleiben, mussten die Unternehmen massenweise mobile Informationstechnik beschaffen. Der aktuelle KfW-Digitalisierungsbericht Mittelstand verdeutlicht auf Basis von zwei Sondererhebungen die entsprechenden Anpassungsaktivitäten bei kleinen und mittleren Unternehmen in Deutschland. Zwischen Frühjahr 2020 und Januar 2021 hat ein Drittel der KMU seine Digitalisierungsmaßnahmen ausgeweitet, während nur fünf Prozent diese verringert haben. Es zeigt sich, dass insbesondere jene Unternehmen ihre Digitalisierungsaktivitäten gesteigert haben, die von der Krise gravierend, aber nicht existenziell getroffen wurden.

Es wurde umso mehr digitalisiert, je länger die bevorstehende Krisendauer damals eingeschätzt wurde. Die KfW geht in ihrer Analyse davon aus, dass die von Corona angestoßenen Digitalisierungsmaßnahmen fast ausschließlich der kurzfristigen Erhaltung des Geschäftsbetriebs dienten, wie beispielsweise die Ausstattung der Belegschaft mit digitalen Kommunikationsmitteln. Zugleich wurden strategische Digitalisierungsinvestitionen, die erst mittel- bis langfristig wirken, tendenziell zurückgestellt oder gar ganz fallengelassen. Angesichts der existenzbedrohenden Herausforderungen der Pandemie-Situation, verbunden mit den begrenzten finanziellen und personellen Ressourcen von kleinen und mittleren Unternehmen war die Priorisierung von sofort wirkenden Maßnahmen überaus rational.

Was bleibt für die neue Normalität?

Die nun flächendeckend installierte digitale Kommunikationstechnik kommt sicherlich weiterhin zum Einsatz, auch wenn persönliche Begegnungen und Reisen zukünftig wieder möglich sein werden. Und auch die Belegschaften, die einen kollektiven Schnellkurs in agilen und flexiblen Arbeitsweisen sowie im Umgang mit Videokonferenzen und Zusammenarbeitsplattformen absolviert haben, können diese wertvollen Fähigkeiten in einer neuen Normalität nach der Krise weiterhin gewinnbringend einsetzen.

Gleichwohl besteht jetzt die Gefahr, dass gerade kleine Unternehmen, die es nur mit Ach und Krach durch die Krise geschafft haben, mitsamt ihrer erschöpften Belegschaft eine längerfristige strukturelle digitale Transformation aus den Augen verlieren. Dabei schlummern insbesondere in systematischen Datenanalysen, der Digitalisierung von Produkten und Prozessen, digitalen Geschäftsmodellen und nicht zuletzt in digitalen Wertschöpfungsnetzwerken große Potenziale für KMU. Als Motivation für eine nicht nachlassende Digitalisierungsaktivität könnte die Erkenntnis dienen, dass gerade die digital gut aufgestellten Unternehmen eine bessere Resilienz für künftige Herausforderungen aufbauen.