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Unter einem 5G-Campusnetz wird ein nicht-öffentliches bzw. privates Mobilfunknetz verstanden, das für die Versorgung eines exakt abgegrenzten Betriebsgeländes errichtet wird. Der entscheidende Vorteil ist dabei, dass das Netz genau entsprechend der Unternehmensanforderungen konfiguriert werden kann. Je nach erforderlicher Anwendung, zum Beispiel im Produktionsprozess, der Intralogistik oder der Unternehmenskommunikation, kann maßgeschneidert die erforderliche Kommunikation drahtlos bereitgestellt werden. Die dabei erhobenen Daten müssen nicht mehr durch das öffentliche Netz fließen, sondern können auf dem eigenen Betriebsgelände verbleiben.

Besonders für die Industrie verspricht 5G eine enorme Leistungsfähigkeit. Die Umsetzung von Echtzeit-Anwendungen, die Realisierung sehr hoher Datenübertragungsraten und die Verbindung unzähliger Sensoren und Geräte sind nur einige Erfolgsfaktoren, die mit der neuesten Mobilfunkgeneration in Verbindung gebracht werden. Dazu verspricht ein 5G-Netz eine deutlich höhere Zuverlässigkeit und verbesserte Sicherheit. Insbesondere um den sehr hohen Sicherheitsanforderungen von Unternehmen gerecht werden zu können, wird der Aufbau von unternehmenseigenen 5G-Campusnetzen seit einigen Jahren intensiv diskutiert und immer mehr Akteure mit entsprechenden Angeboten auch für KMU treten in den Markt.

Wie können Unternehmen 5G-Campusnetze umsetzen? Welche Besonderheit ist mit der Beantragung eigener lokaler Frequenzen verbunden?

Je nach Anforderungsprofil sind ganz unterschiedliche Realisierungsformen von 5G-Campusnetzen denkbar. Eine umfassende Übersicht bietet dazu z.B. der „Leitfaden 5G-Campusnetze – Orientierungshilfe für kleine und mittelständische Unternehmen“ des BMWI.1 Generell kann ein 5G-Campusnetz auch vollständig virtualisiert mithilfe eines öffentlichen Mobilfunknetzbetreibers umgesetzt werden. Das Gegenteil ist ein vollständig eigenständiges 5G-Campusnetz, bei dem alle Netzwerkbestandteile sich auf dem Betriebsgelände befinden und lokale Frequenznutzungsrechte erforderlich sind.

Unternehmen in Deutschland haben bereits seit Ende 2019 die Möglichkeit, diese eigenen lokalen Frequenznutzungsrechte bei der Bundesnetzagentur zu beantragen. Bislang haben 179 Unternehmen und Organisationen entsprechende Frequenzen zugeteilt bekommen.2 Die ersten Erfahrungen der Zuteilungsinhaber zeigen, dass sowohl der administrative als auch der finanzielle Aufwand als gering eingestuft werden können.3 Gleichzeitig wird anhand der bisherigen Zuteilungsinhaber deutlich, dass es vor allem die großen Industrieunternehmen sind, die mit Pilotprojekten 5G-Campusnetze vorantreiben. Darüber hinaus sind viele Forschungsorganisationen und Akteure, die Leistungen um den Aufbau, Betrieb und Wartung von 5G-Campusnetzen anbieten, sehr aktiv. Kleine und mittlere Unternehmen sind hingegen noch die Ausnahme unter den Zuteilungsinhabern.

Was sind die Gründe für die bisherige Zurückhaltung von KMU beim Aufbau von 5G-Campusnetzen?

Die Einführung von 5G und der Aufbau von Campusnetzen in der Industrie sind nach wie vor in einem sehr frühen Stadium. Für bestimmte Anwendungen ist die Standardisierung von 5G nicht vollständig abgeschlossen, die Verfügbarkeit von erforderlicher Hardware ist teilweise noch nicht gegeben und die Kosten sind vergleichsweise hoch. Dementsprechend ist eine Quantifizierung der Wirtschaftlichkeit von 5G in den Anwendungsbereichen und die Überführung in einen Business Case häufig noch schwierig, was Entscheidungsträger in Unternehmen zögern lässt.

Für KMU sind diese Unsicherheitsfaktoren umso größer, da sie häufig nicht über entsprechende personelle und finanzielle Möglichkeiten wie große Industrieunternehmen verfügen. Verbunden mit der höheren Komplexität von 5G im Vergleich zu beispielsweise WLAN-Lösungen sind erst wenige kleinere und mittlere Unternehmen bereit, sich mit dem Thema zu befassen. Dennoch liegt bereits zum jetzigen Zeitpunkt auch für KMU eine große Chance darin, sich mit den Möglichkeiten und Potenzialen von 5G zu beschäftigen und mögliche Einsatzszenarien zu identifizieren, um perspektivisch einen Wettbewerbsvorteil zu generieren.

Neue Akteure als Chance für KMU?

Viele KMU schreckt die beschriebene Komplexität von 5G zunächst einmal ab. Die Analyse von potenziellen 5G-Anwendungsszenarien, Planung und Aufbau des Netzes, Beantragung von Frequenzen, Bewältigung des laufenden Betriebs und anfallenden Wartungsleistungen sind eigenständig kaum zu bewältigen. Die regulatorischen Voraussetzungen in Deutschland, eigene lokale Frequenznutzungsrechte beantragen zu können, haben jedoch dazu geführt, dass eine Vielzahl von neuen Akteuren mit speziellen Angeboten für 5G-Campusnetze in den Markt getreten ist. Diese bieten maßgeschneiderte Angebote für KMU an, die auch den Anforderungen und den Investitionsmöglichkeiten dieser Unternehmensgröße entsprechen. Häufig werden für die Hardware beispielsweise Baukasten-Netze angeboten, die von der Dimensionierung gerade für KMU vollständig ausreichend sind. Auch cloudbasierte Netze rücken zunehmend in den Fokus.

Welche Ansprechpartner gibt es für KMU?

Auch für KMU kann sich eine frühzeitige Auseinandersetzung mit dem Thema 5G-Campusnetze lohnen und strategische Vorteile bieten. Der angegebene Leitfaden des BMWI bietet eine erste Orientierung über eine mögliche Umsetzung. Zudem gibt es in einigen Bundesländern Kompetenzzentren, die Ansprechpartner gerade für KMU sind.4 Gleichzeitig haben Bund und Länder zahlreiche 5G-Förderprojekte aufgesetzt, die 5G erproben und den Aufbau eines 5G-Campusnetzes erleichtern und vor allem für KMU bestehende finanzielle Unsicherheiten reduzieren können.5 Neue Akteure auf dem Markt, die Angebote für den Aufbau von 5G-Campusnetzen anbieten, können eine Chance für KMU sein, um mit maßgeschneiderten Netzen die Potenziale von 5G für ihr Unternehmen zu heben. Anbieter mit entsprechenden Angeboten lassen sich leicht in der Zuteilungsinhaberliste ausfindig machen, da diese häufig auch 5G-Demonstrationslabore mit eigenen lokalen Frequenzen aufgebaut haben. Sofern KMU das Potenzial von 5G als „Enabler“ für die Digitalisierung eigener Unternehmensprozesse sehen und sich damit auseinandersetzen möchten, gibt es also viele Anlaufpunkte, um erste Schritte auf dem Weg zu einer zukunftsfähigen Kommunikationsinfrastruktur auf Basis eines 5G-Campusnetzes zu gehen.

1 Siehe dazu Leitfaden 5G-Campusnetze.
2 Siehe dazu Übersicht Zuteilungsinhaber.
3 Siehe dazu Entwicklung von 5G-Campusnetzen in Deutschland.
4 Zum Beispiel das 5G-NRW Competence Center oder das 5G 4KMU Transferzentrum.
5 Zum Beispiel fördert der Bund zahlreiche 5G-Innovationen. Das BMWI hat die Erprobung und Umsetzung von Campusnetzwerken aus Anbieter- und Anwenderperspektive gefördert. In NRW gibt es den Förderwettbewerb 5G.NRW, in Niedersachsen werden Campusnetze ebenfalls gefördert. Die dort bereits geförderten Projekte können als Orientierungshilfe dienen. Der hier vorliegende Beitrag wurde im Rahmen des geförderten 5Guarantee Projektes erstellt.