Mann hat grüne Nullen und Einsen im Gesicht

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Welche Auswirkungen hat die umfassende digitale Transformation der Unternehmen auf die Zukunft der Arbeit? Ist eine technologisch bedingte Massenarbeitslosigkeit zu befürchten, da durch digitale Anwendungen menschliche Arbeitskraft ersetzt wird? Welche Arbeitsmarkteffekte sind von den künftig verstärkt genutzten Technologien, wie der künstlichen Intelligenz zu erwarten? Diesen und ähnlich gelagerten Fragen ging der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz nach und legte hierzu im Februar 2022 ein Gutachten vor.

Um diese Fragen zu beantworten, wirft der Beirat zunächst einen Blick in die jüngere Wirtschaftsgeschichte, insbesondere auf die gut erforschten Arbeitsmarkteffekte bei der Einführung von Industrierobotern in Deutschland während der letzten Jahrzehnte. Hier ist dokumentiert, dass es nicht nur zur Verdrängung von menschlichen Tätigkeiten durch Technik – in diesem Fall Roboter – gekommen ist, sondern auch immer komplementäre Formen der Arbeit neu geschaffenen wurden. Im Zuge des Einsatzes von Industrierobotern zeigten sich zugleich aber auch Verteilungseffekte, mit Gewinnen für Kapitaleigentümer und hoch qualifizierten Beschäftigten auf der einen und Verluste bei Beschäftigen im mittleren Segment auf der anderen Seite.

Auf Basis dieser und weiterer empirischer Erkenntnisse gibt der Beirat Abschätzungen für die kommenden Wellen der digitalen Transformation. Die hierfür relevanten digitalen Technologien, wie Blockchain, Künstliche Intelligenz oder Internet of Things, werden als generell und ubiquitär einsetzbar charakterisiert. Sie besitzen enorme wirtschaftliche Potenziale bei spezialisierten Einsätzen, insbesondere wenn die Leistungsfähigkeit der Netze weiter deutlich steigt.

So prognostiziert der Beirat einen Arbeitsplatzabbau in Berufen mit Routinetätigkeiten. Allerdings wird dieser begleitet von einem Arbeitsplatzaufbau in den Berufen mit direktem Bezug zu den Zukunftstechnologien sowie in Berufen mit hohem Maß an sozialen und kommunikativen Kompetenzen. Im Saldo erwartet der Beirat erfreulicherweise einen neutralen oder sogar einen leicht positiven Beschäftigungseffekt für die Gesamtwirtschaft. Auf Unternehmensebene kann sich dieser Effekt jedoch ungleich verteilen und es besteht die Gefahr, dass insbesondere kleine Unternehmen, die die neuen Technologien nicht einsetzen, Beschäftigung abbauen müssen und Marktanteile verlieren.

Diese zu erwartenden Arbeitsmarkteffekte sind verbunden mit zwei zentralen Problemfeldern, nämlich einem qualifikatorischen und regionalen Mismatch am Arbeitsmarkt sowie einer steigenden Lohn- und Einkommensungleichheit, die wirtschaftspolitisches Handeln erfordern. Eine technologisch bedingte Massenarbeitslosigkeit wird hingegen vom Beirat, auch vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung nicht erwartet.

Aufbauend auf diese Analyse formuliert der Wissenschaftliche Beirat wirtschaftspolitische Empfehlungen hinsichtlich zwei zentraler Handlungsfelder: Dem digitalem Aufholprozess der Unternehmen sowie einem integrierten System der Aus- und Weiterbildung zur Anpassung der Qualifikationen der Beschäftigten.

Im Handlungsfeld digitaler Aufholprozess sollte nach Ansicht des Beirats auf eine Stärkung der Marktposition deutscher Unternehmen in der Erzeugung und Nutzung der neuen digitalen Technologien hingearbeitet werden und eine kooperative Nutzung großer Datenmengen gefördert werden. Beides sind sehr relevante Aspekte für kleine und mittlere Unternehmen. Weiterhin empfiehlt der Beirat eine Stärkung von Institutionen des Technologietransfers, eine Unterstützung von Entrepreneurship, die zügige Digitalisierung der Verwaltung, staatliche Förderung von Wagniskapital sowie eine lernende Regulierung im Zusammenspiel von Forschung, Wirtschaft und öffentlichen Einrichtungen.

Im zweiten Handlungsfeld, der Etablierung eines integrierten Systems der Aus- und Weiterbildung empfiehlt der Beirat eine Umfassende Strategie der beruflichen Weiterbildung, bei der die Vorteile des dualen Ausbildungssystems auch auf die Weiterbildung übertragen werden. Regionale Unterschiede auf dem Arbeitsmarkt sollten ebenso berücksichtigt werden, wie ein runder Tisch mit Sozialpartnern, Politik, Weiterbildungsanbietern und Wissenschaft einberufenen. Schließlich empfiehlt der Wissenschaftliche Beirat die Etablierung eines Rechtsanspruchs auf Weiterbildung.