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© Fishmaster IP-Services GmbH

Ein Vorstandsposten in einem großen Angelverein – der reichte Eric Nürnberger irgendwann nicht mehr. Das Thema Aquakultur hatte das Interesse des Hobbyanglers geweckt und nach dem Besuch einiger Workshops war ihm klar: Er will seine eigene Fischproduktion. Da wusste er allerdings noch nicht, dass ihm dabei sein Wissen aus der IT nützen sollte. Nürnberger ist Geschäftsführer der NCT GmbH und somit auch ein Fachmann für die Konzeption, Implementierung und den Betrieb von Hard- und Softwaresystemen in Unternehmen. Nur dass es sich diesmal eben um Systeme für die Fischaufzucht handeln sollte.

Feine Sensoren für sensible Fische

Nürnberger versuchte zunächst, eine herkömmliche Aquakultur ohne digitale Unterstützung aufzubauen. Als Fisch suchte er sich den Zander aus, einen hochpreisigen, aber auch pflegeintensiven und stressempfindlichen Süßwasserfisch. Doch die ersten Versuche endeten für die Fische tödlich, da ihre Umgebung nicht stabil genug an ihre Bedürfnisse angepasst war. Nürnberger kam auf die Idee, mit digitalen Mitteln eine „selbstheilende Maschine“ zu bauen, in der die Fische ungestört heranwachsen könnten. Der Hobbyangler recherchierte die entscheidenden Parameter: Zum Beispiel müssen der Nitrit-, Ammonium- und Sauerstoffgehalt des Wassers konstant sein. Um das zu gewährleisten, ist eine feine Sensorik nötig – das System muss Abweichungen erkennen, diese kommunizieren und dann reagieren.

Heute werden sogar das Futtersystem, das Licht und die Jahreszeiten-Simulation sensorisch gesteuert. Erfolgreich produziert Nürnberger so viele Zander, wie seine Anlage hergibt – der Nachfrage kommt er dabei kaum hinterher. So baute Nürnberger sein neues Unternehmen, die Fischmaster GmbH, immer weiter aus. Ein Erlebnisrestaurant kam hinzu.

Nachhaltigkeit, die auf digitalen Füßen steht

Sein nächstes Projekt: der „Food & Energy Campus“. Zusammen mit zwei weiteren Unternehmern aus den Bereichen erneuerbare Energien und ökologische Landwirtschaft will Nürnberger, wie er sagt, „aus Abfall Lebensmittel und Energie produzieren“. Ihr Geschäftsmodell soll Biogasanlagen, deren Fördergelder ausgelaufen sind, tragfähig und gleichzeitig eine nachhaltige Lebensmittelproduktion möglich machen. Das Konzept kurz zusammengefasst: Es wird ein geschlossener Stoffkreislauf aufgebaut, der aus der Biogasanlage, angeschlossenen Blockheizkraftwerken, einer Fischaufzucht und einem Gewächshaus besteht. Innerhalb dieses Kreislaufs kann jedes Abfallprodukt weiterverwendet werden. Es entsteht kein Müll, nur Lebensmittel und Energie. Möglich wird dieser Stoffkreislauf jedoch nur dadurch, dass alle wichtigen Parameter permanent digital überwacht werden können. Die Steuerung erfolgt ebenfalls digital, an einer Art Leitstand.

Der Food & Energy Campus soll in drei bis fünf Jahren fertiggestellt sein. Das Gewächshaus könnte schon dieses Jahr seine Arbeit aufnehmen. Parallel arbeitet Nürnberger mit seiner IT-Firma NCT an der Software für die die Anlage. Er will die Software später anderen Firmen verkaufen und hofft, dass sein Food & Energy Campus gar zur Blaupause für die Zanderzucht und die wirtschaftlich nachhaltige Nutzung von bereits bestehenden Biogasanlagen wird. Nürnberger selbst hat noch tausend Ideen, sagt er. Und: „Die Chancen der Digitalisierung sind unendlich.“

Bei dem Text handelt es sich um die überarbeitete Version eines Artikels aus dem Themenheft „Digitale Geschäftsmodelle“.