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© Holzgespür

Bereits während des Studiums der Betriebswirtschaftslehre kam der Geschäftsführerin und Gründerin Julia Kasper die Idee für ihr Unternehmen holzgespür. Das Unternehmertum liegt ihr im Blut: Ihre Eltern führen eine klassische Tischlerei. „Wenn man aus einer Familie kommt, in der ein eigenes Unternehmen geführt wird, betrachtet man die Inhalte des BWL-Studiums von einer anderen Seite“, erklärt Julia Kasper.

Marktlücke durch Digitalisierung geschlossen

Traditionell kam in der Tischlerei Kasper ein Auftrag zustande, indem ein Kunde aus dem näheren Umfeld vor Ort direkt mit dem Meister, Hermann Kasper, gesprochen hat. Und genau diesen Aspekt wollte seine Tochter optimieren, um auch Kunden außerhalb der Region zu erreichen. „Kundenorientierung im Handwerk, vor allem auch durch Digitalisierung, war mein Ansatzpunkt für holzgespür“, so Julia Kasper. Die Gründerin hat selbst die Marktlücke erkannt und dementsprechend das neue Geschäftsmodell entwickelt. „Für mich ist Digitalisierung mehr als nur zu sagen, welche Arbeitsschritte man durch digitale Prozesse effizienter gestalten kann. Für mich ist das eher die Chance, mit der Kundenperspektive etwas Neues zu schaffen und zu gestalten. Ich habe mir die Frage gestellt, welche Bedürfnisse ich als Kunde habe, wenn ich mir ein sehr hochwertiges Möbelstück beim Tischler kaufe und wie viel Einbezug in die Fertigung ich mir wünsche“, erzählt sie weiter. Die Antwort darauf lag für sie in der individuellen Beratung und dem Kundenservice – auch für diejenigen Kunden, die nicht vor Ort sind. Daraufhin wurde die Online-Plattform holzgespür entwickelt.

Online-Konfigurator und digitaler Kundenservice

Das Kernelement von holzgespür bildet ein 3D-Produktkonfigurator auf der Website, über den Kunden ihren individuellen Tisch bestellen können. Zunächst wählt man eine Tischkollektion aus, etwa das Modell Mia oder Marliese. Danach geben die Kunden im Konfigurator die Maße und das gewünschte Material ein. Sie sehen anschließend den Tisch in einer 3D-Visualisierung und bekommen auch den finalen Preis inklusive Lieferung und Aufbau angezeigt. Nach der Bestellung führt Julia Kasper ein Telefonat mit dem Kunden, um persönlich die weiteren Details zu klären.

Die Erfolgsstrategie von holzgespür besteht darin, dass die Kunden während des gesamten Herstellungsprozesses ihres Möbelstücks mit Bildern und Videos versorgt werden. Sie haben auch diverse Entscheidungsmöglichkeiten, zum Beispiel welchen Baumstamm der Tischlermeister verwendet. „Hier entsteht durch die digitale Kommunikation mit den Kunden auch eine emotionale Bindung zum Möbelstück. Der Tisch ist das Herzstück einer jeden Wohnung. Darum erwartet der Kunde auch einen individuellen Service und wir machen den Kauf zu einem Erlebnis“, sagt Julia Kasper. „Danach erfolgt Handarbeit. Wir haben zwar die digitale Kommunikation, aber alles andere ist echtes Handwerk, ohne das es nicht geht“, berichtet sie weiter.

Ein Handwerker-Netzwerk für Individualität und Qualität

Generell ist der Onlinemöbelmarkt in den letzten Jahren stark gewachsen und über 80 Prozent der Deutschen, die ein Möbelstück kaufen möchten, recherchieren zunächst online. Auch die Kunden von holzgespür werden über die Google-Bildersuche oder soziale Medien wie Instagram oder Facebook auf das Angebot von holzgespür aufmerksam.

Um weiterhin wettbewerbsfähig zu bleiben, schlägt Julia Kasper vor, dass sich die Handwerksbetriebe zu einem Netzwerk für Qualität und Individualität zusammenschließen. „Es ist nicht die Lösung, dass jeder einzelne Handwerker eine Online-Plattform eröffnet. In der digitalen Welt hat man nur als Netzwerk eine Chance“, sagt sie. Sie plädiert ebenfalls dafür, dass ein Handwerker die Digitalisierung so durchdringen muss, dass er sie selbst gestalten kann. „Handwerker müssen die Digitalisierung verstehen, das ist essentiell für ihren Fortbestand.“

Bei holzgespür steht laut der Geschäftsführerin die IT-Sicherheit ihrer Online-Plattform in nächster Zeit im Vordergrund. „Ich habe ein neues Antivirenprogramm, speziell für das Handwerk und den Mittelstand, installiert. Vor einem Jahr habe ich das Thema noch sehr unterschätzt, aber die Angriffe haben seitdem so stark zugenommen, dass ich froh bin, nun endlich sicher zu sein“, erzählt sie.